Härtefallfonds Bayern zur Energiekrise
Das Bayerische Kabinett hat eine Reihe von Maßnahmen zum Härtefallfonds Bayern und zur Energieversorgung vorgestellt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass neben Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen auch Vereine und kulturelle Einrichtungen unterstützt werden.
Der Ausfall der Gaslieferungen aus Russland verursacht branchen- und bereichsübergreifende drastische Preissteigerungen in Deutschland und Bayern. Damit droht Wirtschaft und Gesellschaft eine der größten Krisen der Nachkriegsgeschichte. Von den Preissteigerungen sind diesmal unmittelbar auch die Bürgerinnen und Bürger auf breiter Front betroffen. Laut BIHK befürchten 63 % der Industrieunternehmen in Bayern den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit.
Der Bund hat drei Entlastungspakete und einen wirtschaftlichen Abwehrschirm auf den Weg gebracht. Für die finanziellen Lücken, die der Bund nicht adressiert, steht der Freistaat ergänzend mit einem eigenen Härtefallfonds Bayern mit einem Gesamtvolumen in Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Euro bereit. Außerdem wird der Freistaat durch eigene Energie-Projekte die Energieversorgung und Krisenfestigkeit der Zukunft sichern und auch neben der Erreichung der Klimaziele die weitere Energiepreisentwicklung abfedern. Dafür nimmt er Mittel in Höhe von 500 Mio. Euro in die Hand.
1. Härtefallfonds Bayern:
Der Freistaat Bayern wird zusätzlich zu den Bundeshilfen einen ergänzenden Schutzschirm für ganz Bayern aufspannen. Dieses Unterstützungspaket besteht aus drei Elementen:
Hilfen für die bayerische Wirtschaft, Hilfen für die bayerischen Bürgerinnen und Bürger sowie Hilfen für soziales Leben und Infrastruktur in Bayern.
1.1. Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat einen Vorschlag für die Ausgestaltung des Bayerischen Härtefallfonds für die bayerische Wirtschaft erarbeiten. Der Härtefallfonds soll solchen Unternehmen zugutekommen, die keine oder eine zu geringe Bundeshilfe erhalten und sich aufgrund der aktuellen Energiekrise in einer existenzbedrohenden Lage befinden. Damit zielt der bayerische Härtefallfonds insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Kleinstunternehmen und das bayerische Handwerk ab. Erfasst werden soll die Existenzgefährdung infolge gestiegener Preise bei den Energieträgern Gas, Öl / Energieholz und Strom.
1.2. Das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales wird einen Vorschlag für die Ausgestaltung eines Bayerischen Bürger-Härtefallfonds zu erarbeiten. Der Härtefallfonds soll bayerischen Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen, die trotz Bundeshilfen wegen der Energiekrise besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Erfasst werden soll die Existenzgefährdung infolge gestiegener Preise bei den Energieträgern Gas, Öl / Energieholz und Strom.
1.3. Außerdem soll es einen Bayerischen Härtefallfonds für soziales Leben und Infrastruktur geben, mit dessen Hilfe Einrichtungen der sozialen Infrastruktur wie zum Beispiel Krankenhäuser, Reha- und Pflegeeinrichtungen, Kindertagesstätten, Privatschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Studentenwerke, Sport (hierfür soll bereits jetzt für 2023 die Vereinspauschale verdoppelt werden), Kultur und Medien sowie Vereine unterstützt werden können, die keine oder zu geringe Bundeshilfen erhalten und die sich aufgrund der aktuellen Energiekrise in einer existenzbedrohenden Lage befinden. Dies erstreckt sich nicht auf kommunale Einrichtungen.
2. Energie- und Klimapaket zum Ausbau der Heimatenergien:
Neben den direkten krisenbezogenen Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten, Wirtschaft und Gesellschaft beschleunigt Bayern das Tempo beim Ausbau der Heimatenergien. Ziel ist es, die Unabhängigkeit des Freistaates von fossilen Energien zu erreichen und gleichzeitig die Krisenfestigkeit der bayerischen Wirtschaft zu stärken. Dies ist eine der zentralen Lehren aus der aktuellen Energiekrise wie aus der Corona-Pandemie.
2.1. Sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene wurden die Rahmenbedingungen für die Erneuerbaren Energien bereits nachhaltig verbessert. Damit diese Änderungen ihre volle Wirkung entfalten können, werden 100 zusätzliche Personalkapazitäten insbesondere bei den Regierungen geschaffen werden, um u.a.
• die Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien wie Windkraft und Geothermie zu beschleunigen,
• die zwingend erforderliche zügige Fortschreibung der Regionalpläne für die Windkraft sicherzustellen,
• die Ausweisung von relevanten Flächen auch zur Rohstoffsicherung für die Erneuerbaren Energien zu ermöglichen.
2.2. Im südbayerischen Molassebecken ist die hydro-thermale Tiefengeothermie bereits heute marktreif. Bei der sogenannten petrothermalen Geothermie bedarf es jedoch noch zusätzlicher Forschung, um eine Marktreife zu erlangen. Kann dieses Potential erschlossen werden, ist die Nutzung der Geothermie auch in Nordbayern möglich. Vor diesem Hintergrund beschließt der Ministerrat, zusätzliche Mittel für die entsprechende Forschungsförderung für die Geothermie in Höhe von 10 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen.
2.3. Die Sicherstellung der Versorgung der bayerischen Industrie mit Wasserstoff ist für die erforderliche Dekarbonisierung der Produktionsverfahren von ausschlaggebender Bedeutung. Um die bayerische Industrie zukunftsfähig zu machen, ist insbesondere eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur erforderlich. Die auf die Bedürfnisse der bayerischen Industrie zugeschnittene Ertüchtigung („H2 ready“) sowie auch der weitere Ausbau des Ferngasleitungsnetzes liegen im fundamentalen Interesse des Freistaats Bayern und erfordern massive Investitionen in das Leitungsnetz. Da es insbesondere auf Bundesebene noch keinen koordinierten Prozess zum Aufbau eines Wasserstoffnetzes gibt, werden die Planungen gegenwärtig vor allem von privaten Akteuren wie den Ferngasnetzbetreibern vorangetrieben. Dies ist aus Sicht der Staatsregierung jedoch nicht ausreichend. Es bedarf hier einer koordinierten Planung durch die Bundesregierung.
Um zusätzlich noch eigene Akzente von Seiten der Staatsregierung setzen zu können, werden das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat und das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie prüfen, ob eine Beteiligung des Freistaats Bayern an relevanten heimatnahen Energieunternehmen (z.B. Bayerngas) geeignet sein könnte, den erforderlichen Leitungsausbau zu beschleunigen und im Interesse der bayerischen Wirtschaft zu gestalten.
Im Rahmen des IPCEI Wasserstoff Auswahlverfahrens haben die in Bayern tätigen Ferngasnetzbetreiber bereits das Projekt „HyPipe Bavaria“ entwickelt. Dieses Projekt sieht den Aufbau einer leitungsgebundenen Wasserstoffversorgung insbesondere der Wasserstoffcluster Ingolstadt und Burghausen mit ihren energieintensiven Industrien vor. Dieses Projekt ist aus Sicht der Staatsregierung ein Meilenstein zum Aufbau eines Wasserstoff-Startnetzes in Bayern und könnte als Nukleus den weiteren Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur maßgeblich beschleunigen. Da dieses Projekt leider nicht vom Bund im Rahmen des IPCEI-Prozesses ausgewählt wurde, wird das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie zusammen mit den beteiligten Unternehmen ein Konzept entwickeln, wie dieses Projekt mit entsprechenden Landesmitteln unterstützt werden kann, und hierzu zeitnah zu berichten. Hierzu werden 100 Mio. Euro bzw. eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung zusätzlich bereitgestellt.
2.4. Parallel zum Ausbau des Leitungsnetzes bedarf es für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft auch eines dezentralen Aufbaus einer eigenen heimischen Wasserstoffproduktion in ganz Bayern. Durch die verbrauchsnahe Produktion von Wasserstoff können regionale Kreisläufe und auch Inselnetze zur Verteilung des Wasserstoffs an Abnehmer gebildet werden, die dann an die großen Wasserstoff-Pipelines angeschlossen werden. Daraus kann sich langfristig eine flächendeckende Versorgung entwickeln.
Aufgrund der zu erwartenden Definition von grünem Wasserstoff auf EU-Ebene und im Sinne einer integrierten Energiewende sollen diese Elektrolyseure von einem entsprechenden Aufbau regenerativer Stromerzeugungskapazitäten begleitet werden. Für dieses Programm sollen 150 Mio. Euro bzw. eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung bereitgestellt werden. Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wird eine Machbarkeitsanalyse durchführen und ein entsprechendes neues, investives Elektrolyseur-Förderprogramm entwickeln. Ziel ist es, zeitnah rund 50 Elektrolyseure bis zu einer Größe von 5 MW im Zusammenspiel mit neuen EE-Anlagen zu fördern.
Zudem soll die bestehende Förderung von Wasserstofftankstellen und der E-Ladesäulen um einen weiteren zusätzlichen Betrag in Höhe 30 Mio. Euro aufgestockt werden.
2.5. Bei der Stärkung der Heimatenergien spielt insbesondere auch die Wasserkraft eine wichtige Rolle. Die Staatsregierung hat das Ziel, weitere Potenziale bei der Wasserkraft zu erschließen. Dabei soll insbesondere das Wasserkraftpotenzial an der Unteren Salzach im Tittmoninger Becken genutzt werden.
Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie werden zeitnah ein entsprechendes Konzept vorlegen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Wasserkraftnutzung an der unteren Salzach im Tittmoninger Becken zu realisieren. Hierbei ist eine größtmögliche Ausnutzung des vorhandenen Potenzials anzustreben. Das Konzept soll zudem die Frage umfassen, wie der Freistaat das entsprechende Projekt finanziell unterstützen kann. Hierfür werden 20 Mio. Euro bzw. eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung zusätzlich im Haushalt des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz bereitgestellt.
2.6. Die aktuelle Energiekrise und der Klimawandel erfordern zudem neue Wege, um die Energieträger Öl und Gas verstärkt auch durch erneuerbare Energieträger wie feste Biomasse im Wärmebereich zu ersetzen. Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wird eine neue Förderinitiative („BioWärme Bayern“) zur Beschleunigung des sogenannten Fuel Switch in Bayern für Unternehmen und Kommunen entwickeln. Hierfür sollen 10 Mio. Euro zusätzlich bereitgestellt werden.
2.7. Der Freistaat setzt zudem auf die Potentiale von Photovoltaik auf staatlichen Dächern. Rund 1.300 staatliche Dächer sind grundsätzlich für PV-Anlagen geeignet, bis Ende 2022 werden ca. 580 Anlagen in Betrieb sein. Um die noch offenen Potentiale bis 2025 zu erschließen, sollen zusätzlich 125 Mio. Euro bzw. eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung bereitgestellt werden.
2.8. Sowohl die Corona- wie die aktuelle Energiekrise haben gezeigt, dass die Krisenfestigkeit der bayerischen Wirtschaft gestärkt werden muss. Es gilt sowohl die Forschung wie die heimische Produktion in den Bereichen der alternativen Energien und vor allem auch im Gesundheitsbereich zu stärken. Damit stärken wir die Unabhängigkeit Bayerns und sind so im nächsten Krisenfall besser gerüstet. Vor diesem Hintergrund wird das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie die bayerische Technologieförderung entsprechend ausbauen und einen neuen Schwerpunkt „Stärkung der Krisenfestigkeit der bayerischen Wirtschaft“ entwickeln. Der Ministerrat stellt hierzu 100 Mio. Euro bzw. eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung zusätzlich bereit.
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